Nachkochen!

Sonntag, 8. November 2009

Herbst


(Blicke aus meinem Arbeitszimmer)

Vermutlich verbringe ich deshalb so viel Zeit vor meinem Computer, weil ich nebenher diesen herrlichen Ausblick genießen kann. Ich liebe die warmen Farben des Herbstes. In dieser Jahreszeit geht mir dann immer ein Gedicht durch den Kopf, das vermutlich während meiner Schulzeit nahezu alle Schüler auswendig lernen mussten - ich habe es geliebt.

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit

Und die Birnen leuchteten weit und breit,

Da stopfte, wenns Mittag vom Turme scholl,

Der von Ribbeck sich beide Taschen voll,

Und kam in Pantinen eine Junge daher,

So rief er: "Junge, wiste'ne Beer?"

Und kam ein Mädel, so rief er: "Lütt Dirn,

Kumm man röver, ick hebb'ne Birn."

So ging es viele Jahre, bis lobesam

Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.

Er fühlte sein Ende. 's war Herbsteszeit

Wieder lachten die Birnen weit und breit;

Da sagte von Ribbeck: "Ich scheide nun ab.

Legt mir eine Birne mit ins Grab."

Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,

Trugen von Ribbeck sie hinaus.

Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht

Sangen "Jesus meine Zuversicht."

Und die Kinder klagten, das Herze schwer:

"He is dod nu. Wer giwt uns nu'ne Beer?"


So klagten die Kinder. Das war nicht recht -

Ach sie kannten den alten Ribbeck schlecht;

Der neue freilich, der knausert und spart,

Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.

Aber der alte vorahnend schon

Und voll Mißtrauen gegen den eigenen Sohn,

Der wußte genau, was damals er tat,

Als um eine Birn' ins Grab er bat,

Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus

Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.


Und die Jahre gingen wohl auf und ab,

Längst wölbst sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet's wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung' überm Kirchhof her,

So flüstert's im Baume: "Wiste 'ne Beer?"

Und kommt ein Mädel, so flüstert's: "Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick gew di 'ne Birn."


So spendet Segen noch immer die Hand

Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.


Theodor Fontane (1819 - 1898)


Leider kannte ich nur noch die erste Strophe auswendig. So habe ich mich im Netz auf die Suche nach dem Gedicht gemacht und bin dabei auf Interessantes gestoßen. Ich wußte nicht, dass es ein reales Vorbild für diese Ballade gab. Es handelt sich hierbei um Hans Georg von Ribbeck. Aus der Gruft derer von Ribbeck wuchs tatsächlich ein Birnbaum, der allerdings 1911 einem Sturm zum Opfer fiel. Der Stumpf wird heute in der Dorfkirche von Ribbeck aufbewahrt. Es folgte in den 70er-Jahren eine Neuanpflanzung. Der Baum trug allerdings nicht wie gewünscht, so dass im April 2000 eine Nachpflanzung vorgenommen wurde.

Entdeckt habe ich auch das Rezept für Herrn von Ribbecks Lieblingskuchen - ein pikanter Birnenkuchen. Den stelle ich morgen vor.

1 Kommentar:

  1. Traumhafte Aussicht, da läßt es sich arbeiten! Der Herbst ist auch mein Freund, faszinierende Farben! Toll das Gedicht.

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